Medien der Wissenschaften
Keine Wissenschaft empfängt
unbefleckt. Ihre Gegenstände sind bereits auf der Ebene der Hervorbringung und
Verwandlung von »Welt« in wissenschaftliche Objekte und Objektbereiche immer
nur als medial vermittelte gegeben. Ebenso sind wissenschaftliche Methoden und
Institutionen, Verkehrs- und Arbeitsformen fundamental vom kontingenten Stand
je historischer Medientechnologien abhängig. Dies gilt nicht erst seit den
Tagen erster Big Science-Projekte, etwa weil eine stetig ausgreifendere
Computerisierung naturwissenschaftlicher Forschungen je neue Frage- und
Problemhorizonte aufreißt und ein sich grundlegend veränderndes Wissenschafts-verständnis
mit sich bringt. Die mediale Vermitteltheit von Wissen und Wissenschaft zeigt
sich bereits in jenen historischen Szenen deutlich, in denen wissenschaftliche
Instrumente weniger der bloßen Verlängerung menschlicher Sinne dienen, als dass
sie – in bestimmter Art und Weise eingesetzt – einen medialen Eigensinn
entwickeln, der neben dem Forschungsobjekt zugleich stets auch die
Erkenntnisweisen und damit ›den Menschen‹ selbst befragt. In diesem Sinne
imprägnieren und transformieren Medien ganze Wissenschafts- und
Forschungskulturen.
Die Jahrestagung will deshalb
einen Beitrag zum Verständnis historischer wie gegenwärtiger Medialität von
Wissenschaftspraxis leisten. Ihre Aufmerksamkeit gilt der Rolle medialer An-ordnungen
für wissenschaftliche Forschungs-, Erkenntnis-, Kommunikations- und
Sozialisations-prozesse und damit dem Anliegen, eine produktive
Selbstproblematisierung einzelner Disziplinen über ihre Grundbegriffe und
Erkenntnisbedingungen in Gang zu setzen. Daher geht es bei den »Medien der
Wissenschaften« nicht etwa bloß um die Vermittlung oder Popularisierung von
wissenschaftlichem Wissen durch Medien, sondern um die Medien im Zentrum der
Wissenschaften selbst und um die Entfaltung ihrer epistemologischen,
ästhetischen, technischen und praktischen Dynamiken und Standards im
historischen Verlauf.